Ein Hund aus dem Tierschutz zieht ein: Tipps für die ersten Tage

Wer mich kennt, weiß: Bei mir leben und lebten bisher ausschließlich Hunde aus dem Tierheim. Das liegt zum einen daran, dass ich gelernte Tierheim-Tierpflegerin bin, zum anderen habe ich eine besondere Schwäche für Seniorenhunde und Hunde mit Verhaltensauffälligkeiten.

Bei meiner Arbeit im Tierheim und als Hundetrainerin habe ich immer wieder erlebt, dass Menschen berichten, wie aufregend die ersten Tage und Wochen mit einem erwachsenen Hund aus dem Tierheim sind – und dass sie sich gerade in dieser Zeit Unterstützung wünschen.

Warum die ersten Tage so aufregend wie wichtig sind

Da zieht also ein erwachsener Hund vom Tierheim, sei es in Deutschland oder aus dem Ausland, aus seinem Zwinger in eine Wohnung oder ein Haus. Plötzlich sind da wieder Menschen. Menschen, die sich freuen, dass genau dieser Hund, der vielleicht seit Wochen, Monaten oder sogar Jahren keinen engen Kontakt zu Menschen hatte, nun bei ihnen einzieht. Ich kann mir kaum vorstellen, wie überwältigend das für den Hund sein muss – gleichzeitig schön und ein bisschen gruselig.

In dieser Situation wissen weder Mensch noch Hund so recht, wie sie sich verhalten sollen. Die Überforderung ist auf beiden Seiten spürbar. Da steht dann ein liebevoll vorbereitetes Körbchen, Spielzeug und Leckerlis liegen bereit – alles, damit der neue Hund sich wohlfühlt. Doch oft kann der Hund damit anfangs nichts anfangen. Er ist unsicher, vielleicht paralysiert, und weiß nicht, ob dieses neue Zuhause von Dauer ist. Alles ist fremd: die Menschen, die Geräusche, die Umgebung. Plötzlich gibt es keine vertrauten Tierheimgeräusche mehr: kein ständiges Bellen, Fiepen oder Knurren, keine anderen Hunde um ihn herum – und häufig herrscht sogar ein völlig anderes Klima.

Viele Hunde schlafen in den ersten Tagen schlecht und wenig. Sie sind müde und überdreht zugleich. Fressen wollen die wenigsten direkt am ersten Tag, die frisch gekauften Leckerlis und Spielzeuge bleiben oft unberührt. Manche Hunde laufen ruhelos hin und her, andere bellen oder ziehen sich zurück.

Und genau in dieser sensiblen Anfangszeit brauchen sie Hilfe. Hilfe von ihren neuen Menschen.

Tipps für die ersten Tage mit einem Tierheimhund

  • Erstmal ankommen: Lasst den Hund in Ruhe das Haus oder die Wohnung auskundschaften. 

  • Andere Haustiere erst später eingewöhnen. Habt ihr noch andere Haustiere (Katzen, Kaninchen o.ä.) dann sorgt erstmal dafür, dass der Hund mit ihnen nicht in Berührung kommt. Für eine Vergesellschaftung sollten alle Beteiligten zur Ruhe gekommen sein. 

  • Sicherheitsgeschirr und Hausleine nutzen. Ist der Hund ängstlich, macht es Sinn ihm ein Sicherheitsgeschirr inklusive Hausleine in der Wohnung anzuziehen, so könnt ihr ihn, ohne engen Kontakt, anleinen.  

  • Normalen Alltag beibehalten. Während der Hund das Haus erkundet, macht den Haushalt, lest ein Buch, beschäftigt euch als wäre er nicht da. Ihr tut euch und dem Hund einen Riesengefallen, wenn ihr möglichst unbeeindruckt dem normalen Tagesablauf nachgeht.  

  • Spaziergänge anpassen. Natürlich benötigen Hunde ausgedehnte Spaziergänge, die dürfen an den ersten Tagen aber, je nach Verfassung, auch kürzer ausfallen. Meidet Menschenansammlungen, Hundewiesen und volle Spaziergehwege. Gewöhnt euch erstmal aneinander und lernt euch kennen.  

  • Lösemöglichkeiten bieten. Grundsätzlich sollte ein Hund mindestens viermal täglich die Option haben sich zu lösen.  

  • Futter: Geduld haben. Wenn der Hund die ersten zwei Tage nichts fressen mag, ist das nicht schlimm. Bei ehemaligen Straßenhunden macht es häufig Sinn ihnen neben Futter auch Kartoffeln,  ein Stück Brot oder Nudeln anzubieten. So sollt ihr sie natürlich nicht langfristig ernähren aber um das Eis zu brechen dürft ihr gern etwas kreativ sein. 

  • Doppelte Sicherung beim Spazierengehen. Wenn ihr mit dem Hund rausgeht, sichert ihn. Er benötigt ein gut sitzendes Halsband (da müssen gerade noch zwei Finger durch passen und der Kopf darf nicht durchrutschen). Anfangs macht zusätzlich ein Geschirr Sinn, so kann man einen Karabiner an das Halsband und den anderen ans Geschirr machen und verhindern, dass der Hund sich befreit.  

  • Mit dem Baden warten. Ich kann absolut nachvollziehen, dass ihr das Bedürfnis habt den Hund zu baden. Tut ihm den Gefallen und wartet damit bis er sich eingelebt hat.  

  • Ruhige Phasen einführen. Hat der neue Begleiter Schwierigkeiten zur Ruhe zu kommen und wirkt rastlos oder überdreht auf euch, dann leint ihn auch in der Wohnung an und kommt gemeinsam mit ihm zur Ruhe.  

  • Rückzugsort zeigen. Ihr dürft ihm gern auch schon zeigen wo sein Platz/Korb/Decke ist und ihn dort hinbringen  

  • Keine wilde Beschäftigung. Beschäftigung in Form von Bällchen werfen etc. benötigt ein Hund nicht! Weder in der Anfangszeit noch in der Zukunft, lest hierzu gern den Artikel von Ela Zimmermann, einer guten Kollegin, Freundin und grandiosen Hundetrainerin >  https:// zehengaenger.de/kaputt-gespielt/  

  • Alleinsein behutsam trainieren. Lasst den Hund nicht sofort allein, nehmt euch die Zeit ihm das Alleinsein beizubringen. Ein erster Schritt in diese Richtung sind geschlossene Räume. So kann der Hund erstmal lernen allein zu sein, während ihr noch da seid.  

Ich hoffe ich konnte euch eine kleine Hilfestellung geben. Benötigt ihr umfangreiche Beratung, sind wir gern für euch da!

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